klima-allianz deutschland

Frage 1:

In der internationalen Klimaschutzdiskussion ist man sich weitgehend in dem Ziel einig, dass zumindest in den Industrieländern, also auch Deutschland, bis 2050 eine Reduktion der CO2-Emissionen um 80%-95%, bezogen auf das Jahr 1990, erreicht werden müsste. Stimmen Sie dieser Aussage zu? Falls nicht, wie sehen Sie die Lage?

Ich stimme dieser Aussage zu!


Frage 2:
Für wie hoch schätzen Sie den Anteil ein, den ein überarbeiteter, also tatsächlich funktionierender Europäischer Emissionshandel zu dem Ziel beisteuern wird, in den EU-Ländern ab 2050 nahezu frei von CO2-Emissionen zu wirtschaften und zu leben, zumindest aber 80-90% Emissionsminderung zu erreichen?

Die von Ihnen erfragte Abschätzung lässt sich nicht seriös durchführen. Festgehalten werden kann, dass ein (tatsächlich funktionierender) Emissionshandel ein zentrales Begrenzungsinstrument sein kann. Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass der Emissionshandel weite Bereiche nicht oder nur unzulänglich erfasst bzw. erfassen wird. Zu nennen sind hier z.B. die Bereiche Mobilität, Sanierung und Neubau, Konsum und Ernährung, Lebensstil. Hier stehen andere Steuerungs- bzw. Anreizmittel zur Verfügung, die weiter entwickelt werden müssen. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Sektor Bildung. Auch müssen klimaschädliche Subventionen radikal zurückgefahren werden.

Stichwort Emissionshandel: Es wird darum gehen müssen, nicht nur einen tatsächlich funktionierenden Europäischen Emissionshandel, sondern auch einen weltweiten Emissionshandel zu etablieren. Dabei muss das Problem der Lastenverteilung in Bezug auf die Reduktionsverpflichtungen auf der Basis einer gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung für den Klimaschutz gelöst werden.

Als Klimaallianz setzen wir uns stark dafür ein, dass die Voraussetzungen für einen funktionierenden Emissionshandel, der seine Lenkungswirkung entfalten kann, geschaffen werden. Dazu müssen deutlich mehr Zertifikate dauerhaft vom Markt genommen werden. Die Marktstabilitätsreserve ist in ihrer jetzigen Ausprägung vollkommen unzureichend. 

Als bedeutsam für den Erfolg der deutschen Energiewende und für das Erreichen der nationalen Klimaziele in 2020 beurteilen wir auch den „Nationalen Klimabeitrag des Stromsektors“, der zurzeit von der EVU-Lobby stark bekämpft wird. In seiner jetzigen noch sehr moderat ausgeprägten Form verringert der Klimabeitrag die Einsatzstunden der ältesten, emissionsintensivsten Kraftwerke und kann daher ein wichtiges Signal sein, endlich mit dem notwendigen Strukturwandel in den Braunkohleregionen sozialverträglich zu beginnen. Der Klimabeitrag wird in Emissionszertifikaten gezahlt, die anschließend stillgelegt werden. Er wirkt somit einer Verlagerung der national eingesparten Emissionen ins Ausland entgegen.


Frage 3:
Was halten Sie von dem Vorschlag einer generellen Zahlungsverpflichtung (CO2-Steuer) für die Nutzung von mit CO2-Emission verbundenen Energieträgern, Produkten oder Dienstleistungen, wobei Teilnehmer am Emissionshandel ihre dort zu leistenden Zahlungen mit der CO2-Steuer verrechnen könnten? (Vorausgesetzt sei dabei, dass eine solche Zahlungsverpflichtung sozial verträglich umgesetzt wird.)

Die Kriterien „Sozialverträglichkeit“ und „ökologische Wirksamkeit“ sind bei der Beurteilung von politischen Rahmensetzungen essenziell. Den Vorschlag einer generellen CO2-Steuer schätze ich kritisch ein, da eine Steuer keine verlässliche Mengensteuerung leisten kann. 


Frage 4:
Falls Sie von einer CO2-Abgabe auch für jene (bisher) 50 % der CO2-Emittenten nichts halten, die nicht von den Regelungen des Europäischen Emissionshandels betroffen sind: Über welchen Weg wäre dann Ihrer Ansicht nach außerhalb des Emissionshandels eine Energienutzung zu 100 % aus erneuerbaren Quellen bis 2050 erreichbar?

Hier setze ich auf einen sozialverträglichen und ökologisch wirksamen Instrumentenmix, von Besteuerungen, Förderprogrammen bis hin zum Abbau kontraproduktiver Subventionen. Auch die Lebensstilfrage muss mit geeigneten Angeboten (Bildung, Diskurs, soziale Innovationen…) aus ihrem Nischendasein geholt werden.

 

Frage 5:

Wenn Sie bei den Verhandlungen zum neuen Weltklimavertrag in Paris Mandatsträger wären, für welche Verhandlungsziele würden Sie sich einsetzen?

Deutschland muss - auch mit Blick auf die G7 und G20 sowie die SDG - das „eigene Haus in Ordnung bringen“, die Energiewende stärken und plausibel darlegen können, dass es in der Lage ist, die nationalen Klimaschutzziele 2020 zu erreichen. Nur so kann es seiner weltweiten Verantwortung gerecht werden und wichtiger Promotor für ein substanzielleres Verhandlungsergebnis in Paris werden. Auch die EU sollte vor Paris ein ambitionierteres Ziel für 2030 verabschieden.

Für Paris wünsche ich mir ein klares Signal für den weltweiten Ausstieg aus den fossilen Energien bis Mitte des Jahrhunderts. Notwendig ist ein Abkommen mit Regelungen, das sich klar an der Erreichung des 2 Grad Ziels orientiert. Eine Kombination aus einem Langfristziel (Ausstieg aus den fossilen Energien bis 2050) und Kurzfristzielen, die auf dem Weg dorthin Orientierung geben, ist wünschenswert. Notwendig ist ebenso ein Mechanismus, der eine regelmäßige Überprüfung der Umsetzung und der Zielerhöhungen der Länder sowie eine verlässliche und auskömmliche Unterstützung für die Hauptbetroffenen des Klimawandels sicherstellt.

 

Klaus Breyer, Leiter des Instituts für Kirche und Gesellschaft,

Sprecherratsmitglied der Klimaallianz Deutschland

 

Die Antworten in einer PDF-Datei

Kommentar schreiben

Kommentare: 0